Brainhack aka RCE in the heads
In den Büchern von Sibylle Berg GRM und RCE will eine Gruppe von idealistischen Hackern die Welt retten und dringt in alle technischen Systeme ein. In GRM sind sie technisch erfolgreich, scheitern aber an der Ignoranz der Gesellschaft und kehren Jahre später mit einem Plan in RCE zurück, der die sozialen Aspekte von Hacks mit denkt.
Jetzt sind sie erfolgreich!
Kampf um die Aufmerksamkeit
Auf dem 138. Netzpolitischen Abend und auf der re:publica 2024 hat Magdalena Hess den Finger in die digitale Wunde gelegt.
Obwohl die Bürgerrechtsbewegungen und die Aktivistinnen die besseren Argumente haben, verlieren sie die Auseinandersetzung in der Kommunikation. Die Resourcen der Aktivistinnen sind begrenzt, Leute, die sich engagieren und damit sichtbar machen, werden Zielscheiben von Kampagnen und digitaler Gewalt. Das betrifft inzwischen alle Plattformen, auch die vermeintlich professionellen wie Linkedin. Die Plattformen werden, wie einst Twitter, danach zuerst unbenutzbar und von Extremisten gekapert.
Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler
Weil es nicht nur auf Argumente ankommt, sondern auch auf die Kampagnenfähigkeit durch regelmäßiges Ausspielen der Inhalte nach den Regeln der jeweiligen Plattformen.
- Plattformgerechte Aufbereitung
- Orchestrierung von Kampagnen
- Timing
- Wiederholung
Magdalena hat gezeigt, wie sie sich auf TikTok gegen rechten Content durchsetzen kann. Tiktok, Instagram, Telegram sind keine Plattformen, auf denen man sich normalerweise wohlfühlt. Aber wenn da aus verschiedenen Gründen die Zielgruppe ist, muss sie darüber angesprochen werden. Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht der Anglerin
Die Gegner sind gut organisiert, weil sie als Unternehmen, als fossil-industrieller und überwachungs-industrieller Komplex oder als staatlich gestützte Organisatoren fast beliebige Mittel einsetzen können und dies auch zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung bereits tun. Der Aufstieg rechter Parteien wäre ohne das Geld von ausländischen Milliardären oder feindlichen Regierungen nicht möglich gewesen. Wir sehen das in Deutschland, in der EU und auch in den USA, wo sich religiöse Gruppen zusammen mit Medien und Energieunternehmen zum Projekt 2025 und damit dem Ende der Demokratie zusammengeschlossen haben.
Medien und Öffentlich Rechtlicher Rundfunk
Die Medien und der ÖRR sind in einer Reichweitenlogik gefangen und kommen ihrer Rolle als unabhängige Presse nur noch eingeschränkt nach. Die wirtschaftliche Situation der Zeitungen erlaubt kaum noch unabhängige Recherche zwingt sie, zweifelhaft Statements von Twitter u.ä. weiterzuverbreiten.
Zudem sind nicht nur Axel Springer, die schon alleine wegen ihrer Eigentümerstruktur als Teil des fossil industriellen Komplexes auftreten, sondern auch der Spiegel, die Holtzbrinck Verlage (Handelsblatt, Tagesspiegel, Zeit,…) und die Funke Gruppe durch ihre Anzeigenfinanzierung nicht unabhängig.
Der private und öffentlichrechtliche Rundfunk, eigentlich unabhängig entworfen, ist Teil des Problems, weil auch hier die Einschaltquoten wichtiger als die Nachrichteninhalte sind. Alle Plattformen, die von Werbung abhängen, machen laut einer Studie der Otto Brenner Stiftung Reklame für Klimakiller.
Werbung ist damit Teil des industriellen Komplexes und es muss eine relevante unabhängige Gegenöffentlichkeit durch digitale Medien geschaffen werden.
Plattform Choppify
Die Gegenöffentlichkeit hat bereits hochwertige Inhalte von anerkannten Wissenschaftler*innen über den Klimawandel, für autofreien Verkehr, Menschenrechte
Es geht darum, eine Plattform zu schaffen, die Inhalte schnell bearbeitbar macht und automatisch angepasst auf das jeweilige Medium ausspielen kann.
Jeder Vortrag auf Media CCC hat Inhalt für mindestens 10 Tiktok Nachrichten. Wenn die Inhalte richtig aufbereitet kann die Information unter einer Creative Commons Lizenz automatisch aufbereitet, für die entsprechende Gruppe gebrandet und zeitgerecht ausgespielt werden.
Realisierung
Ein Beispiel für ein existierendes Portal ist DisplayEurope, das mit dem Cultural Broadcasting Archive bereits eine Medien Plattform bereitstellt, die in 15 Sprachen übersetzt.
Damit sind stehen bereits eine Reihe von Quellen zur Verfügung, die teilweise mehrsprachig hochwertigen Inhalt bereitstellen.
Es fehlt eine Aufbereitung der Inhalte für die etablierten kommerziellen Plattformen, um sie angepasst an die Regeln der jeweiligen Algorithmen mit großer Reichweite auszuspielen.
Eine solche Software als Web Anwendung wäre zu erstellen und für alle Aktivistas bereitzustellen.
Routine Aufgaben wie Übersetzung, Umwandlung in Text, Branding und zeitgerechte Ausspielen könnten automatisch erfolgen.
Künstliche IntelligenzStatistische Verfahren können bei der Aufbereitung unterstützen.
Redaktionelle Arbeiten wie das Festlegen der Inhalte und Planen von Kampagnen bleiben vorerst manuell.
Theoretischer Unterbau
Der Vorschlag steht im Zusammenhang mit Gramscis Theorie der kulturellen Hegemonie, die bisher erfolgreich nur von den Rechten als Metastrategie adaptiert worden ist. Außerdem sind in der Diskussion noch die Betrachungen zu einem neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit?, in dem die Theorien von Habermas weiterentwickelt zu berücksichtigen. Der Aufbau von Digital Commons und ihrer digitalen Tragödie ist genauso aufzuarbeiten wie der Enshittification aller kommerziellen Plattformen.
Diese Themen aufzubereiten würde eine eigene Reihe von Posts bedeuten. Es gibt andere, die sich in diesem Thema besser zurechtfinden und das nötige Rüstzeug für die soziale Debatte haben.
Aufwand
Die initiale Programmierung dürfte mit wenigen, vielleicht nur zwei oder drei Programmierer*innen machbar sein. Für eine laufende Maintenance wird vielleicht eine Vollzeitstelle gebraucht. Der Betrieb lässt sich weitgehend automatisieren und an die erwähnten Plattformen anschließen. Damit ist eine Realisierung und der Betrieb durch die Zivilgesellschaft durchführbar.